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Baille (Tanz)

Der Flamencotanz ist ein Solotanz. Er entstand durch den Gesang. Das bedeutet jedoch nicht, dass er eine Handlung imitiert oder ein Thema veranschaulicht. Eine wesentliche Besonderheit des Flamencotanzes liegt im Moment der Stille und des Innehaltens, in dem sich der Tänzer ganz konzentriert und voller Spannung nach innen wendet. Nie darf ein Tanz, besonders dann nicht, wenn er zu den tiefen, leidvollen Stilen gehört, zu große Bewegtheit zeigen [vgl. Vollhardt 1996, S.79]. Ein weiteres wichtiges Element ist der Respekt vor dem Cante. Im Flamenco steht der Tanz im Schatten des Gesangs. Der Tänzer richtet sich immer nach dem Sänger. Es ist wichtig sich auf die jeweilige Stimmung des Gesangs ganz einzustellen und fördert eine ebenso große Sensibilität in ihrer Interpretation. Ein guter Tänzer hält geschickt die Spannung zwischen langsam und schnell, traurig und freudig, Ausdruck und Eindruck, zwischen sich und seinen musikalischen Begleitern. Er hat etwas sehr Wahres; komplizierte Technik um ihrer selbst willen und Bewegungen, die nur der Schönheit wegen ausgeführt werden, sind fehl am Platz. Flamenco will nicht gefallen, sondern Gefühle wie Leid, tiefe Verzweiflung oder auch Liebe und in einigen Tänzen pure, sprühende Lebensfreude ausdrücken. Alter und äußere Erscheinung sind für den Flamencotänzer unwichtig. Wichtig ist: die Wahrhaftigkeit des Tänzers.

El Farruco sagte: „Du musst zeigen, wer du bist“ und „Mit einer einzigen Bewegung meiner Arme sage ich mehr als andere in einer ganzen Choreographie“ [zit. nach Wüstner/La Mona].

Der Baile ist aus dem Rhythmus geboren. Er ist stark von indischen Einflüssen, aber auch von den Tänzen der Andalusier, die im 16. und 17. Jahrhundert auf den Volksfesten getanzt wurde, geprägt. Erst in der Einsamkeit und Abgeschiedenheit der Gitanos konnten sich schmucklosere Tänze entwickeln. Dann machte der Tanz in den Cafés cantantes eine besondere Weiterentwicklung, vor allem im Bereich der Fußtechnik, da diese die Möglichkeit boten, auf einem hölzernen Boden zu tanzen.

In der Gewohnheit, die Füße zur Perkussion einzusetzen, zeigt sich der indische Einfluss. In Indien wurde barfuss getanzt und um die Fesseln gebundene Glöckchen erzeugten den Klang. Der Flamenco dagegen wird, zumindest heutzutage, mit Schuhen, die an den Absätzen und den Spitzen mit Eisennägeln beschlagen sind, getanzt. Daraus ergeben sich folgende Klangmöglichkeiten:

  • Golpe: Schlag mit dem ganzen Fuß.
  • Planta: Schlag mit dem Ballen des Fußes.
  • Tacón: Schlag mit dem Absatz des Schuhs.
  • Punta: Schlag mit der Schuhspitze.

Aus diesen vier Klangmöglichkeiten lassen sich vielfältigste Kombinationen zusammenstellen, welche man „Zapateado“ oder „Escobilla“ nennt. Sie sind vergleichbar mit einem Perkussionssolo. Lange Zeit wurde das Zapateado nur von Männern ausgeführt. Erst in den 40er und 50er Jahren wurde das Zapateado auch von den Frauen übernommen, angeführt durch die Flamencotänzerin Carmen Amaya. Davor bestand der weibliche Tanz hauptsächlich aus langsamem leisen Schritten, Hüftbewegungen und kunstvoller Armführung. In der Armführung zeigt sich wieder der indische Einfluss. Diese diente jedoch nicht der Verzierung, sondern war Ausdruck von Gefühlen. Bei den typischen Handkreisen spreizt die Frau die Finger, während der Mann diese geschlossen hält. Der männliche Tanz ist linearer und plastischer. Er strahlt Kraft, Leidenschaft und eine gewisse männliche Arroganz aus [vgl. Vollhardt 1996, S.80].